Calakmul ist eine der grössten und bedeutendsten Maya-Städte, die tief im Biosphären Naturschutzgebiet des heutigen mexikanischen Bundesstaates Campeche auf der Halbinsel Yucatan liegt und seit 2002 UNESCO Weltkulturerbe ist. Bereits Wochen vor unserer Abreise erzählte mir meine Schwester begeistert von einer Fernseh-Dokumentation und dass diese Ausgrabungsstätte definitiv in unsere Reiseplanung gehöre.
Da wir unsere Mexiko-Reise individuell und spontan vor Ort organisierten, kam Calakmul erst gegen Ende unserer Tour auf den Plan. Wie abgelegen diese Maya-Ruinen sind, wurde uns erst bewusst, als wir eine Übernachtung so nahe wie möglich am Eingang zum Reservat suchten. Der Abzweiger für die schmale Stichstrasse, die 60 Kilometer geradeaus in den Dschungel zur Ausgrabung führt, liegt auf der Hauptstrasse 186 zwischen den (grösseren) Ortschaften Escárcega und Campeche, jeweils 100, resp. 180 Kilometer entfernt. Zwischen diesen Orten: nichts, oder besser gesagt, nicht viel mehr als ein paar einsame Häuseransammlungen inmitten dichtem Tropenwald.
Wir übernachteten bei einem Bauern, der auf seinem Land zwischen Hühnern, Katzen und Hunden fünf einfache Bungalows und ein Mini-Restaurant bewirtet. Alles total überteuert, aber der Hof liegt am nächsten zur Abzweigung nach Calakmul. Wir starteten früh und waren eine der Ersten beim Eingang. Wir mussten genügend Wasser mitführen und sogar die Tankanzeige wurde kontrolliert. Anschliessend durften wir mit Tempo 30 die 60 Kilometer Stichstrasse unter die Räder nehmen. Nicht ohne, dass ich unterwegs diesen Abstecher etwa 50 Mal in Frage stellte und ebenso viel Mal von meiner Schwester zur Weiterfahrt überzeugt wurde, aber auch stetig das Tempo auf der geraden und gut ausgebauten Strasse ohne Gegenverkehr erhöhte. Wir erreichten den Parkplatz nach über einer Stunde.
Der Dschungel erwartete uns mit schwülheissem Klima, der anschliessende Fussmarsch nahm – meines Erachtens – kein Ende und der Plan, den man uns mitgab, machte irgendwann keinen Sinn mehr. Doch meine Schwester hatte ein Ziel, also folgten wir dem gepflegten Weg, der uns weiter hinein ins Niemandsland führte. Ich wäre gerne umgekehrt.
Und dann sahen wir sie: die ersten kleinen Pyramiden und Paläste, den ersten grossen Platz und ja, auch die ersten Menschen, die wie wir schwitzend die Ruinenstadt erkundeten.
Calakmul war ein politisches und kulturelles Zentrum der klassischen Maya-Zivilisation (ca. 250–900 n. Chr.) und gilt als eine der mächtigsten Maya-Städte ihrer Zeit. In dieser Zeit rivalisierte die Stadt mit anderen grossen Maya-Zentren, insbesondere mit Tikal im heutigen Guatemala (die Grenze liegt übrigens nicht weit entfernt). Diese Rivalität führte zu zahlreichen Kriegen, Intrigen und Allianzen. Die Stadt erstreckt sich über eine Fläche von etwa 70 Quadratkilometern und war eine der «Schlangen-Hauptstädte» des Maya-Reiches, wobei die herrschende Dynastie als Kaan-Dynastie oder «Schlangenkönige» bekannt war. Die Ruinen umfassen monumentale Pyramiden, Paläste und Wohnviertel. Viele Bereiche der Stadt sind jedoch noch unerforscht, da der dichte Regenwald grosse Teile der Ruinen überwuchert hat. Besonders beeindruckend ist die Grosse Pyramide, eine der grössten von den Maya erbauten Strukturen. Sie erhebt sich etwa 55 Meter über dem Boden und bietet einen atemberaubenden Blick über den umliegenden Dschungel.
Gewaltig! Da sassen wir also ganz oben und schauten auf das unendliche Grün herab. Brüllaffen lärmten. Wir waren uns einig, trotz langer und herausfordernder Anreise, die abgelegene Lage und die beeindruckenden Ruinen machen den Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Und ja, hätte ich Calakmul tatsächlich verpasst, ich hätte was zu bereuen.