
Früh am ersten Morgen sitze ich auf einer Bank bei der Terrazza del Pincio mit einem Cornetto in der Hand und beobachte den Sonnenaufgang über Rom. Die Sonne taucht die Stadt in ein goldenes Licht, das selbst den Strassenlärm von unten weich wirken lässt. Es riecht nach frischem Espresso, warmem Stein und einem Hauch Geschichte – ein Duft, den man nur in dieser Stadt findet. Neben mir sitzt ein älteres Paar, das sich auf Italienisch unterhält und sich bei jedem zweiten Wort lachend berührt. Unter mir, auf dem Piazza del Poppolo, beobachte ich fasziniert Künstler, die versuchten, das Licht Roms mit schnellen Strichen auf die Leinwand zu malen und diesen Moment so festzuhalten. Und ich? Ich bin einfach nur da – und komplett verzaubert.
Die Vergangenheit zum Anfassen
Rom ist keine Stadt, die man einfach nur besucht. Rom lebt. Sie flüstert, erzählt und singt – manchmal laut, manchmal leise – doch immer so, dass man mitten hineingezogen wird in diese ewige Stadt und ihre unglaubliche Geschichte. Kaum eine Stadt hat es geschafft, Geschichte so greifbar zu machen wie Rom. Als ich zum ersten Mal das Kolosseum direkt vor mir sehe, bekomme ich Gänsehaut. Ich fühle mich plötzlich so klein – ein winziger Punkt im grossen Strom der Zeit. Ich meinen Gedanken begebe ich mich direkt auf die Zeitreise. Ich kann fast das Tosen der Menge und das Stampfen der Gladiatorenstiefel auf dem Sandboden hören. Es scheint mir, als hat jemand ein Fenster in die Vergangenheit geöffnet.
Meine Reise durch die Vergangenheit geht weiter. Der Spaziergang über das Forum Romanum, welches sich direkt neben dem Kolosseum befindet, ist wie ein Wandeln durch die Seiten eines alten Buches. Einst Zentrum der römischen Gesellschaft, ragen heute zum Teil nur noch einzelne Säulen wie ehrwürdige Wächter in den Himmel. Marmorplatten knirschen unter meinen Füssen – dieselben, auf denen wohl einst Kaiser und Senatoren wandelten.
Hinter dem Stadio Palatino, welches ebenfalls zum Parco archeologico del Colosseo gehört und auf einem der sieben Hügel der Stadt liegt, gehe ich über eine flache, weite Wiese – nicht ahnend, dass ich gerade auf einem der spektakulärsten Schauplätze der Antike stehe. Der Circo Massimo wirkt heute fast unscheinbar, offen und ruhig, mit ein paar Joggern, Spaziergängern und hie und da einer Picknickdecke. Doch wenn man innehält, wenn man wirklich hinhört, beginnt der Boden zu erzählen. Ich schliesse kurz die Augen – und plötzlich ist er da: der donnernde Hufschlag der Pferde, das Rufen der Menge, das Quitschen der Wagenräder, das angespannte Atmen der Zuschauer auf den steinernen Tribünen. Über 250'000 Menschen sollen hier einst gejubelt und gewettet haben – schier unglaublich. Es war der grösste Circus des Römischen Reichs – und ich stehe nun mittendrin. Jetzt weht hier nur noch der Wind durch das Gras. Und doch habe ich das Gefühl, dass die Zeit hier nicht vergangen ist, sondern nur kurz Pause macht. Der Circo Massimo ist einer dieser Orte in Rom, die sich leise anfühlen, aber tief vibrieren – wenn man sich erlaubt, zu lauschen.
Die Reise führt mich weiter durch Rom. Als ich vor dem Monumento Vittorio Emanuele II ankomme, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Es ist kein Bauwerk, das man einfach nur anschaut – es erschlägt einen beinahe mit seiner Grösse, seiner Strenge und der Majestät. Weisser Marmor, riesige Säulen, Reiterstatuen und im Wind flackernde Flamme zu Ehren des unbekannten Soldaten. Das Nationaldenkmal in Rom wurde 1927 zu Ehren des ersten Königs, Vittorio Emanuele II., fertiggestellt und ist eines der Nationalsymbole Italiens. Ich steige die breiten Stufen hinauf, langsam, mit ehrfürchtigen Schritten, vorbei an Löwenköpfen, römischen Symbolen und wehenden Flaggen. Oben angekommen – diese Aussicht: Rom liegt mir zu Füssen, weit und offen, wie ein lebendiges Gemälde. Ich lehne mich an das Geländer, spüre den Wind und sehe das Leben unter mir pulsieren: Roller, Menschen, Tauben, Vergangenheit und Gegenwart - alles auf einem Platz vereint. Und plötzlich verstehe ich: Das ist nicht einfach nur ein Denkmal. Es ist ein stilles Versprechen – an Freiheit, Einheit und Geschichte. Ein Ort, der dich aufrichtet. Nicht nur im Körper, sondern im Herzen.
Ein Schritt über die Grenze – und mitten ins Herz der katholischen Welt
Und dann gibt es diesen einen Ort mitten in Rom, der mehr ist als nur ein Staat – der Vatikan. Als ich den Petersplatz betrete, ist es, als würde sich die Welt kurz anhalten. Diese Weite, diese Stille, dieser Blick auf die monumentale Fassade des Petersdoms – ich spüre sofort: Hier schlägt das Herz der katholischen Kirche. Millionen von Gläubigen aus allen Teilen der Welt pilgern an diesen Ort, um ein Stück Nähe zum Heiligen zu finden. Und ich stehe plötzlich mittendrin. Es ist ein ergreifender Gedanke: dass hier ein Mann – der Papst – lebt, spricht, betet, der für so viele Menschen ein geistlicher Anker ist. Nur wenige Meter entfernt, unsichtbar hinter dicken Mauern, ruht der Vatikanstaat, und mit ihm das Zentrum einer der ältesten Glaubensgemeinschaften der Welt.
Und dann sehe ich die Schweizergarde, in ihren farbenfrohen Uniformen fast wie aus einem Historienfilm entsprungen, aber mit einem Blick und einer Haltung, die Respekt und Würde ausstrahlen. Ich beobachte einen stillen Wachwechsel – jede Bewegung präzise, fast zeremoniell. Es ist ein Moment voller Symbolik: der Schutz eines Ortes, der für viele nicht nur ein Zentrum der Macht ist, sondern ein Zuhause des Glaubens. Als ich schliesslich in den Petersdom eintrete, fühlt es sich an, als werde ein Vorhang zur Ewigkeit aufgezogen. Mein Blick geht direkt hoch an die faszinierenden Deckenbemalungen, ich höre das sanfte Murmeln der Gebete und spüre die Wärme der Kerzen – jeder Winkel dieses Ortes atmet Ehrfurcht.
Hoch hinauf – bis zum Himmel über Rom
Nach dem Besuch des Petersdoms begeben wir uns auf den Weg auf die Kuppel des Doms. Erst geht es mit dem Aufzug ein Stück nach oben, doch der eigentliche Weg beginnt erst dann: enge, steinerne Wendeltreppen, die sich immer weiter in die Höhe schrauben, die Räume werden immer schmaler, und manchmal muss ich mich seitlich durch die gekrümmten Gänge drücken, fast wie durch das Innere eines riesigen Herzens. Und dann – plötzlich Licht und frische Luft. Und diese Stille, die nur entsteht, wenn ein Anblick einem für einen Moment den Atem raubt. Von der Kuppel aus liegt Rom unter mir wie ein weit aufgeschlagenes Buch. Die Piazza San Pietro wirkt plötzlich klein, die Besucher unten wie viele kleine tanzende Punkte. Mein Blick schweift weiter in die Ferne und ich sehe die langen Alleen, den Fluss Tiber wie ein schimmerndes Band, und ringsum die unzähligen Dächer, Türme und Kuppeln dieser unendlichen Stadt. Eine ältere Dame neben mir hält ihren Schal im kühlen Wind fest, während sie lächelnd flüstert: "Es ist, als könnte man Gott die Hand reichen." Dort oben, zwischen Himmel und Stadt, habe ich das Gefühl, Rom wirklich zu begreifen – in seiner Grösse, seiner Geschichte, seiner Schönheit.
Warum Sie Rom unbedingt besuchen müssen?
Was Rom für mich einzigartig macht, sind nicht nur die unzähligen Sehenswürdigkeiten – es sind auch die kleinen Dinge. Ein alter Mann, der mit seinem Hund nahe dem Trevi-Brunnen sitzt und jedem vorbeigehenden Kind ein Lächeln schenkt. Die junge Italienerin, die mit geschlossenen Augen eine Arie aus der italienischen Oper in einer Seitengasse singt, als wäre sie auf einer der grossen Bühnen der Welt. Das Gelato in meiner Hand, das in der Nachmittagssonne schneller schmilzt, als man essen kann – Pistazie, natürlich hausgemacht. Rom zwingt dich dazu, langsamer zu werden. Nicht aus Trägheit, sondern weil du plötzlich alles sehen, riechen, schmecken und fühlen willst. Du willst kein Detail verpassen. Jedes zerkratzte Türschild, jeder Balkon voller wilder Blumen, jeder zerfallene Stein trägt hier eine Geschichte in sich.
Rom ist ein Gefühl, kein Ort – zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Chaos und Schönheit, zwischen Espresso und Amore. Und wenn Sie einmal dort waren, werden Sie immer wieder zurückwollen. Rom ist nicht zum "Abhaken" gemacht, sondern zum Erleben. Genau das fühlt man schon beim ersten Schritt auf den Kopfsteinpflasterwegen dieser ewigen Stadt.
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